Anerkennung #1: Constanza Weiss · Jörg Rees

Zur Einführung des Jahresthemas »Dialektik der Anerkennung« lädt der Kunstverein EULENGASSE an drei Abenden je zwei Künstler*innen ein. Den Anfang machten am 05.04.2019 die Frankfurter Constanza Weiss und Jörg Rees. Beide hatten ausgewählte Arbeiten gehängt, die repräsentativ ihre künstlerischen Positionen erläutern. Die Gesprächsmoderation übernahmen Florian Adolph, der auch maßgeblich an der Findung des Jahresthemas beteiligt war, sowie Harald Etzemüller vom Vorstand des Vereins. Die geladene Kunstwissenschaftlerin Brigitta Amalia Gonser konnte krankheitsbedingt nicht teilnehmen, und übermittelte ihre Einschätzungen in schriftlicher Form, die wir an dieser Stelle gerne publizieren:

Da mich meine Stimme verlassen hat, möchte ich auf diesem Wege als pauvre malade meine volle Anerkennung den beiden Künstlern Constanza Weiss und Jörg Rees aussprechen, denen in den hier ausgestellten Arbeiten die Quadratur des Kreises gelingt: indem sie die traditionellen klassischen bildenden Kunstgattungen der Malerei und des Reliefs für Computertechnologien öffnen und sie so mit Neuen Medien verschränken, sich also ein Feld suchen, um neu zu experimentieren und zeitgenössische Erfahrungen jeweils ästhetisch zu übersetzen. So dürfen wir uns an den Resultaten ihrer innovativen Kreativität und dialektischen Herangehensweise erfreuen.

Liebe Constanza Weiss, Sie belegen in Ihrer Malerei gleich drei Genres. Als Krönung Ihrer Porträtkunst in Öl auf Leinwand verfolgt mich der investigative Blick Ihrer zahlreichen Selbstbildnisse, in denen Sie das Nichtsichtbare sichtbar zu machen, Wirklichkeit naturalistisch expressiv darstellen und zugleich – und das ist der Konflikt – sicherlich Idealisierung und gegebenenfalls auch Überhöhung anstreben.
In der Kunstproduktion unserer Tage spielt das Porträt im Zeitalter medialer Überflutung eher eine untergeordnete Rolle.

  • Ist es die explizite Interpretation des Menschen, die Sie daran reizt?
  • Worin besteht für Sie der wesentliche Unterschied der Möglichkeiten zwischen fotografischem Selfie und malerischen Porträt?

Um selbst-bewusste, komplexe Emotionen zu spüren, muss man in der Lage sein, sowohl über sich selbst als auch über andere zu reflektieren und sich in die Sichtweise anderer hineinzuversetzen.

  • Fragen Sie sich: Wer will oder soll ich sein? Konzentrieren Sie sich dabei ganz auf Ihre momentane Wahrnehmung und deren ästhetische Umsetzung, oder spielen psychologische Erkenntnismöglichkeiten auch eine entscheidende Rolle?

Dann wären da auch die Stillleben und vor allem die stilistisch expressiven und technisch innovativen Pleinairs als Prints, wobei Sie nicht zum Pinsel greifen, sondern draußen in der freien Natur ein Computermalprogramm einsetzen.

  • Beachten Sie dabei, wie die impressionistischen Freiluftmaler, Luft- und Farbperspektive, Licht- und Schattenverhältnisse der jeweiligen Landschaft?
  • Und sind das Skizzen, die Sie in der Natur anfertigen und im Atelier umsetzen, oder entsteht draußen schon das finale Landschaftsbild?

Lieber Jörg Rees, Sie sagen selbst: »Mit der heutigen Technologie ist es möglich, eine virtuelle Welt zu konstruieren, die wir nicht mehr mit unseren bloßen Sinnen von der realen Welt unterscheiden können. Erst das Bewusstsein über den künstlichen Charakter dieser Welt macht es möglich, die künstliche von der realen Welt zu trennen.« Denn Sie besitzen das Talent, Ihr bildkünstlerisches Know-how mit den in Ihren unterschiedlichen Tätigkeitsfeldern erworbenen medialen und computertechnischen Kenntnissen und Fähigkeiten zu verbinden und diese in neuen Kunstwerken zu materialisieren.

Oft waren das sehr interessante große Licht- und Klang-Installationen. Aber auch ein Environment wie Monte Viagra, Ihr Urbaner Alpinismus, in Zusammenarbeit mit Phantombuero in Frankfurt am Main an der Weseler Werft.

Inspiriert von der grandiosen Naturgewalt des slowenischen Flusses Soca – eines der schönsten Wildflüsse Europas – modellieren Sie nun ein klassisches Alto-Relief, das zugleich auch das tektonische Relief des Flusses darstellt, aber nicht aus Marmor oder Bronze, sondern aus Pappe-Polygonen, indem Sie auf das Mapping- oder Kartierungs-Verfahren zurückgreifen und die Oberfläche mit fotografisch analog und digital bearbeiteten Laserprints beziehen.

  • Würden Sie uns das Verfahren sowie Ihre ästhetischen Intentionen bei der Realisierung dieses Kunstwerks beschreiben?

Auf eine erfolgreiche Ausstellung!
B.A. Gonser